Wie baue ich Stress ab?

Wodurch entsteht Stress und wie geht man am besten mit ihm um?

Und gerade weil es uns alle betrifft, stellen wir uns auch alle die Frage: Wie gehe ich am besten mit Stress um, damit er mich so wenig wie möglich belastet oder im schlimmsten Fall krank macht?

Kleiner Exkurs in die wissenschaftliche Stressforschung: das Lazarus-Modell

Richard Lazarus (1922 – 2002) war ein US-amerikanischer Psychologe, dessen Stressmodell 1984 veröffentlicht wurde und sich von den bisher geltenden Theorien besonders in einem Punkt deutlich unterschied. Wissenschaftler gingen bis dahin davon aus, dass wir alle relativ ähnlich auf objektiv bedrohliche Stressfaktoren (Stressoren) mit den gleichen Symptomen reagieren. In ihren Augen waren wir diesen Faktoren relativ hilflos ausgeliefert.

Lazarus hingegen führte bereits in den 1960er Jahren Experimente durch, die nahelegten, dass Stressoren nicht objektiv von allen Menschen gleich wahrgenommen werden, sondern die jeweils individuelle, subjektive Bewertung von größter Bedeutung für das jeweilige Stressempfinden eines Menschen ist. Eine Situation, ein Gegenstand, eine Person o. Ä. wird erst dann als Stressor empfunden, wenn wir eine entsprechende Bewertung zuordnen. Dies geschieht unbewusst und hat mit unseren Erfahrungen, unserer Erziehung, Assoziationen und vielen weiteren persönlichen Faktoren zu tun. Lazarus unterschied zudem zwischen Eustress (positivem) und Distress (negativem Stress).

Das Transaktionale Stressmodell nach Lazarus sieht uns nicht als hilflose Opfer, die stressigen Situationen ohne „Gegenwehr“ gegenüberstehen. Er beschreibt in seinem Buch verschiedene Bewältigungsstrategien – die sogenannten Coping-Prozesse – wie Menschen in bestimmten Situationen mit ihrem Stress umgehen.
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Wie hilft uns das Lazarus-Modell im Alltag, mit unserem Stress umzugehen?

Die erste wichtige Erkenntnis des Modells ist: Nicht jeder Mensch reagiert auf dieselben Dinge in gleicher Weise. Stress ist also ein individuelles Gefühl, dementsprechend gibt es für jeden Menschen andere Strategien zur Stressbewältigung.

Die zweite Erkenntnis ist: Wir sind dem Stress nicht hilflos ausgeliefert, sondern haben einerseits Fähigkeiten in uns, mit Stress umzugehen und andererseits können wir Methoden lernen, um Stress ganz bewusst abzubauen.

 

Drei Ebenen, Stress effektiv in den Griff zu bekommen

Für die Verdeutlichung der nachfolgenden drei Ebenen nehmen wir einmal das Thema Stress beim Lernen bzw. Stress durch Prüfungsangst. Auf dieses Thema bin ich im letzten Blogartikel bereits ausführlich eingegangen Woher kommt diese spezielle Form der Angst und vor allem – wie bekommt man sie in den Griff?.

Ebene 1: Emotionen und Aufgeregtheit regulieren

In der Theorie wissen wir: Bewusstes Atmen hilft. Allerdings vergessen wir diese simple Methode schnell, wenn wir gestresst sind. Wenn z. B. ein Test ansteht in der Schule und es herrscht diese nervöse Stimmung, wenn der Lehrer reinkommt, denken viele Schüler als letztes an bewusstes Atmen. Genau darum ist es aber wichtig, sich aktiv daran zu erinnern und sich den Vorgang des Atmens gedanklich oder auch laut vorzusprechen:

Ich atme ein – ich atme aus. Ich atme ein – ich atme aus.

Das lenkt ab und richtet unseren Fokus auf etwas anderes. Zudem beruhigt sich unser Gehirn automatisch, wenn es durch das tiefe, bewusste Atmen mit ausreichend Sauerstoff versorgt wird. Wenn wir Stress haben, atmen wir häufig flach und schnell, dadurch bekommt unser Gehirn weniger Sauerstoff und reagiert mit zusätzlichem Alarm.

Es kann auch helfen, aktiv für Entspannung zu sorgen. Man kann etwa zur Ruhe kommen, indem man Vögel beobachtet oder etwas tut, was einem Spaß bringt. Dieser Ausgleich bringt uns nach und nach „runter“. Das geht natürlich nicht immer, etwa wenn wir gerade mitten in einer Klassenarbeit stecken. Aber wir können den Blick schweifen lassen und uns einen Moment auf etwas anderes konzentrieren.

Wir können uns auch bewusst fragen: Wie habe ich in der Vergangenheit stressige Situationen gemeistert? Wann war ich erfolgreich? Und ist es wirklich so schlimm, wie ich gerade denke?

Der Kopf spielt uns in Stresssituationen häufig einen Streich und bauscht Dinge auf, die im Grunde überhaupt nicht so schlimm sind, wie erwartet. Unser Gehirn möchte uns damit sagen: Sei vorsichtig, da kommt etwas auf dich zu! Durch einen positiven inneren Dialog können wir die angebliche „Gefahr“ entschärfen und uns selbst beruhigen.
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Ebene 2: die Gedanken sortieren und die Situation analysieren

Hier ist es hilfreich, sich damit zu beschäftigen, ob die eigenen Annahmen überhaupt stimmen, die man so im Kopf hat. Manchmal müssen wir unserem Kopfkino ganz bewusst sagen: Mach mal ne Pause. Wenn wir mit uns selbst in den Dialog gehen und uns fragen, was genau bedrohlich erscheint und ob die Situation nicht doch lösbar ist, können wir dem Ganzen schnell den Schrecken nehmen. Denn im Grunde gibt es für jeden Stressfaktor auch ein Gegenmittel.

Habe ich Angst, dass ich die Klausur nicht schaffe? Stresst mich der Gedanke, bald meine Hausarbeit abgeben zu müssen? Was kann ich tun, damit ich mit mehr Sicherheit in diese Situationen gehe? Muss ich mich anders organisieren, sollte ich früher mit dem Lernen anfangen? Wie toll wäre es, wenn ich eine gute Note zurückbekommen würde?!

Der innere Dialog sollte allerdings nicht in Grübelorgien enden, denn die sind Futter für unser Stressempfinden. Methoden, wie ich das Grübeln stoppen kann, das uns allen ab und zu das Leben schwermacht, zeige ich übrigens in einem meiner nächsten Blogartikel.

Ebene 3: dem Körper Gutes tun und unser Verhalten optimieren

Wenn Kursteilnehmer zu mir kommen und mir vom Stress beim Lernen berichten, gebe ich häufig die Empfehlung: Beweg dich mehr und baue zwischendurch unbedingt Pausen ein. Alleine der Gedanke, die nächsten 3 Stunden durchlernen zu müssen, kann Stress und Unlust auslösen. Wenn ich aber weiß, dass ich nach einiger Zeit aufstehen kann und mir z. B. einen Snack gönne, etwas trinke oder etwas anderes Schönes mache, wird der Stress automatisch kleiner.

Pausen sind extrem wichtig. Viele Menschen verzichten darauf, weil sie denken, sie hätten keine Zeit dafür. Aber irgendwann ist der Kopf voll und wir sind nicht mehr in der Lage, effektiv zu lernen. Machen wir Pausen, können wir unsere Ziele im Endeffekt schneller und vor allem besser erreichen – und wir haben auch noch bessere Laune dabei.

Ganz wichtig sind auch eine klare Lernstruktur (to-do-Liste) und Ordnung. Ist unser Schreibtisch aufgeräumt, lernen wir besser. Und beim Aufräumen selbst räumen wir gleichzeitig unseren Kopf auf. Es tut einfach gut, wenn Dinge an ihrem Platz sind und wir nicht durch Chaos abgelenkt werden. Zudem können wir nach dem Aufräumen eine Aufgabe abhaken und das ist ein großartiges Gefühl, oder?
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Noch ein paar generelle Tipps:

Wenn ich mein Lieblingsoutfit trage, fühle ich mich automatisch sicherer und habe mehr Selbstbewusstsein. Auch hilft es ungemein, den Tag mit etwas zu starten, was einem gut tut. Bei mir ist es ein Milchkaffee, den ich ganz in Ruhe genieße. Ebenfalls ein toller Trick: sich vorstellen, wie toll man sich fühlt, wenn die stressige Situation vorbei ist. Was mache ich als erstes, wenn ich die Prüfung hinter mir habe? Was gönne ich mir, wenn ich mein Lernpensum geschafft habe? Vorfreude macht glücklich und lässt den Stress immer kleiner werden.

Sind wir gestresst, wird unser Gehirn negativ beeinflusst – schließlich ist es mit dem Stress und den ganzen damit verbundenen ausgeschütteten Botenstoffen beschäftigt. Das wirkt sich auch auf das Lernen aus. Wenn wir ruhig und entspannt sind, lernen wir viel besser und schneller.

Meine Erfahrung mit meinen Kursteilnehmern und Schülern hat mir außerdem gezeigt, dass Stress häufig hausgemacht ist. Oft sind die eigenen Anforderungen an sich selbst so hoch, dass alleine das schon stresst. Ich sage dann immer: Sei gnädig mit dir selbst und sage auch mal nein, wenn du das Gefühl hast, dass Überforderung oder Stress drohen. Es liegt meist an einem selbst, ob man gestresst oder relaxed durchs Leben geht.

 

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