Was kann ich tun, um meine Konzentration trotz Ablenkungen beizubehalten bzw. wie gehe ich sinnvoll mit Störungen um?
von Ulrike Adelt
|21. April 2024
Informationen und nützliche Tipps für einen effektiven Umgang mit Störungen beim Lernen
Lernen ohne Konzentration ist wie Autofahren mit einem platten Reifen – man kommt zwar irgendwie voran, aber alles ruckelt, schlingert und unter Umständen erreichen wir viel später oder nie unser Ziel. Klar ist also: Wer effektiv und erfolgreich lernen möchte, muss in der Lage sein, sich für einen bestimmten Zeitraum auf die Lernaufgabe zu konzentrieren.
Leichter gesagt als getan, denn es lauert überall der natürliche Feind der Konzentration: die Ablenkung. Die häufigsten Ablenkungen beim Lernen sind
eingehende Anrufe oder Nachrichten auf dem Handy,
Freunde oder Familienmitglieder, die beim Lernen stören,
störende Geräusche wie Staubsauger, laute Gespräche aus dem Nebenzimmer etc.,
Hunger, Durst, Müdigkeit oder Unwohlsein,
Ablenkungen/Unordnung auf dem Schreibtisch,
die eigenen Gedanken, die abschweifen.
Was passiert genau, wenn wir abgelenkt sind?
Nehmen wir an, wir fangen mit einer Hausaufgabe für das Fach Mathematik an, die uns – wenn wir komplett bei der Sache bleiben – etwa 45 Minuten Zeit kostet. Wir fangen motiviert und konzentriert an, doch nach 5 Minuten klingelt unser Handy. Das Gespräch mit der besten Freundin dauert nur 2 Minuten, allerdings brauchen wir danach volle 5 Minuten, um uns wieder auf unsere Matheaufgabe zu konzentrieren. Schließlich denken wir noch über das Gespräch nach, das lässt sich kaum verhindern.
Durch die Zeitverzögerung benötigen wir jetzt also schon 50 Minuten, um die Aufgabe abzuschließen. Doch bei einer Ablenkung bleibt es meist nicht. Nach 15 Minuten stellen wir vielleicht fest, dass wir Hunger haben und unser Magen knurrt. Also holen wir uns schnell einen kleinen Snack und essen ihn am Schreibtisch. Danach ist der Hunger weg, allerdings müssen wir wieder neu ansetzen mit der Konzentration. Aus 45 Minuten Mathe wird so schnell eine Stunde und mehr.
In dem Fall spricht man vom sogenannten „Sägezahn-Effekt“, weil quasi jede Ablenkung an unserem Zeitplan „nagt“ und die Konzentrationskurven aussehen wie Sägezähne. Je mehr Ablenkungen, desto größer der Zeitverlust. Oder noch konkreter formuliert: Der Zeitverlust ist immer größer als die Störung selbst. Hinzu kommt meist ein Abfall der Motivation, weil „man jetzt schon so lange an dieser doofen Aufgabe sitzt“. In Wahrheit sind wir natürlich selbst für die Verzögerungen verantwortlich.
Der Schlüssel zu erfolgreichem Lernen mit Spaß, Motivation und voller Konzentration ist dementsprechend ein Minimieren bzw. Ausschalten jeglicher Ablenkung. Doch wie schaffen wir das?
Lernen ohne Störung ist wie „Doping“ fürs Lernen
Wenn ich selbst vor einer anspruchsvollen Lernaufgabe sitze, versuche ich mir dafür möglichst störungsfreie Räume zu schaffen. Das können Zeiten sein, in denen erfahrungsgemäß wenig Anrufe, Nachrichten o. Ä. eingehen bzw. wo von draußen wenig Lärm ins Zimmer dringt. Das kann dann auch schon einmal spät abends sein, wenn ich mich noch fit genug dafür fühle.
Für Schülerinnen und Schüler ist das natürlich so nicht möglich, denn gelernt wird meist nach der Schule am Nachmittag oder am frühen Abend. Doch auch zu diesen Zeiten kann man sich störungsfreie Räume schaffen. Und wenn sich Ablenkungen nicht ganz ausschalten lassen, gibt es Methoden für einen sinnvollen Umgang mit Störungen.
Meine Top 10 Tipps, wie man mit Störungen am besten umgeht
Niemals hungrig, durstig oder müde mit dem Lernen anfangen. Auch wenn man sich unwohl fühlt, Kopfschmerzen hat oder innerlich total unruhig, macht Lernen kaum Sinn. Diese inneren Reize und Störungen können sehr stark sein und vor allem hartnäckig. Also lieber vorher einmal in sich hineinhören: Sollte ich etwas essen? Trinke ich noch ein Glas Wasser, bevor ich starte? Ist mir kalt/warm? Bin ich fit genug und fühle ich mich wohl?
Aufräumen ist nicht gerade eine tolle Aufgabe, das empfindet wohl jeder so. Aber aus Erfahrung weiß ich, dass es sich an einem ordentlichen Schreibtisch viel erfolgreicher und vor allem viel schneller lernt. Denn alles, was uns ins Auge fällt, lenkt uns ab. Chaos auf dem Tisch führt schnell zu Chaos im Kopf.
Schalten Sie nach Möglichkeit alle Geräte ab, die zu Ablenkung führen können. Es reicht auch nicht aus, das Handy auf lautlos zu stellen, weil man so doch versucht ist, ab und zu nach News zu schauen. Besser ganz ausschalten und wenn einem das schwerfällt, sollte das Handy nicht in Reichweite liegen und nicht auf Vibration eingestellt sein.
Die Geschwister machen im Nebenzimmer Lärm oder stürmen ins Zimmer? Dann sollten Sie auf jeden Fall im Vorfeld deutlich sagen, dass Sie jetzt lernen möchten und die anderen Familienmitglieder für eine bestimmte Zeit Rücksicht nehmen sollen. Auch ein Schild an der Tür kann helfen oder das Tragen von Kopfhörern.
Störungen sind trotz aller Bemühungen nicht immer ganz zu vermeiden. Darauf hat man einfach nicht immer Einfluss. Worauf Sie aber Einfluss haben, ist zu entscheiden, ob Sie sich stören lassen oder nicht. Das Telefon klingelt? Dann entscheiden Sie bewusst, ob Sie rangehen oder nicht. Oder legen Sie Regeln für sich fest, bei welchem Anrufer Sie den Hörer abnehmen und bei wem nicht.
Wenn Sie eine Unterbrechung (hört sich positiver an als Störung) annehmen, widmen Sie sich ganz dieser Pause. Versuchen Sie nicht, neben dem Telefonat noch weiter in Ihrem Buch zu lesen. Eins nach dem anderen, denn sonst klappt keins von beiden.
Wenn Sie nach einer Unterbrechung lange brauchen, um wieder zum Lernstoff zurückzufinden, machen Sie eine Kennzeichnung an die Stelle, an der Sie zuletzt waren. Das kann ein Zettel sein, den man ins Buch legt oder eine kurze Notiz über das letzte Thema, das man gelesen hat. So findet das Gehirn nach der Unterbrechung eine Art „Anker“ vor und kommt schneller wieder in die Konzentration.
Wenn Sie zu den Menschen gehören, die einen sehr regen inneren Dialog mit sich führen, eignen Sie sich Methoden an, wie man dieses Gedankenkreisen in den Griff bekommt. Stellen Sie sich z. B. ein Stopp-Schild vor, wenn die Gedanken mal wieder abschweifen oder sagen Sie zu sich selbst: Dieser Gedanke kommt an die Reihe, wenn ich mit dem Lernen fertig bin. Das klappt übrigens auch mit Gedankenkreisen in der Nacht. Machen Sie sich klar, dass Sie in dem Moment nichts an der momentanen Situation ändern können (wenn Sie z. B. Sorgen haben). Wenn Sie aber jetzt gut schlafen, sind Sie am nächsten Tag viel klarer und können eine Lösung finden. Auf das Lernen übertragen hieße das: Wenn ich mit dem Lernen fertig bin, kann ich das abhaken und habe viel mehr Kapazität, um mich mit den Gedanken effektiv zu beschäftigen.
Fügen Sie Pausen ein, denn unser Gehirn kann immer nur für eine bestimmte Zeit volle Konzentration aufbringen. Außerdem motiviert es, wenn man weiß, dass man in 20 Minuten eine Pause machen kann, in der man etwas isst, sich kurz auf dem Balkon setzt oder etwas anderes Schönes macht.
Legen Sie vorher fest, wie lange Sie lernen wollen und wählen Sie den Zeitraum nicht zu lang. Es ist viel motivierender, 10 Minuten effektives Lernen vor sich zu haben als 1 Stunde. Nach 10 Minuten machen Sie dann eine Pause oder – wenn Sie noch Lust haben – hängen Sie noch einmal 10 Minuten dran.
Tipp: Nehmen Sie sich etwas Schönes vor, das Sie sich gönnen, wenn Sie die Lernaufgabe abgeschlossen haben. Ein leckerer Milchkaffee, ein Telefonat mit der besten Freundin, eine Zeitschrift lesen, ein Eis essen … was auch immer Ihnen Freude bereitet. Belohnen Sie sich ruhig selbst ab und zu, denn schließlich haben Sie etwas Tolles geleistet. Hinzukommt das Gefühl, etwas (vielleicht nicht so Angenehmes) hinter sich zu haben. Eine Aufgabe abzuhaken, tut uns gut und die Freude darauf kann sehr motivieren.
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