Die Macht des handschriftlichen Mitschreibens: Warum es ein Schlüssel zum erfolgreichen Lernen ist

In einer Ära von Tablets, Laptops und Smartphones mag das handschriftliche Mitschreiben veraltet erscheinen, besonders für junge Erwachsene, die mit der Tastatur groß geworden sind. Doch die Forschung zeigt, dass das Festhalten von Notizen mit Stift und Papier nach wie vor eine wichtige Rolle beim Lernen spielt und den Lernerfolg maßgeblich positiv beeinflusst.

In diesem Artikel möchte ich zeigen, warum das Mitschreiben für erfolgreiches Lernen unerlässlich ist, insbesondere im Zusammenhang mit kognitiven Lernprozessen, und wie es dazu beitragen kann, den Lernstoff schneller und vor allem langfristig im Gehirn abzuspeichern.

Wichtig: Mit dem handschriftlichen Mitschreiben ist nicht gemeint, einen Text 1:1 von der Tafel abzuschreiben oder das, was z. B. die Lehrerin sagt, genau so mitzuschreiben. Es geht um das Formulieren eigener Gedanken zu einem Thema, denn nur so setzt sich das Gehirn auch wirklich mit den Informationen auseinander.

Ein wissenschaftlicher Exkurs zum Thema Mitschreiben

Wissenschaftler haben herausgefunden, dass das handschriftliche Mitschreiben einen positiven Einfluss auf den Lernprozess hat. Wenn wir Notizen mit der Hand machen, sind wir gezwungen, die Informationen zu verarbeiten und neu zu formulieren, was zu einer besseren Aufnahme und Speicherung im Gedächtnis führt. Diese kognitive Verarbeitung fördert ein tieferes Verständnis und verbessert die Fähigkeit, das Gelernte später abzurufen.

Anstatt passiv Informationen aufzunehmen, müssen wir beim Mitschreiben aktiv auswählen, was wir festhalten und dabei entscheiden, wie wir es formulieren. Diese aktive Verarbeitung von Informationen führt zu einer tieferen mentalen Verarbeitung und einem besseren Verständnis des Materials.

Handschriftliche Notizen erlauben es uns, uns auf das Wesentliche zu konzentrieren und wichtige Informationen herauszufiltern. Darüber hinaus kann die individuelle Handschrift eine persönliche Bedeutung haben und dazu beitragen, dass wir uns besser an die festgehaltenen Informationen erinnern. Gerade Menschen mit einem fotografischen Gedächtnis profitieren sehr von dieser Lernunterstützung. Sie erinnern sich nicht nur, was sie aufgeschrieben haben, sondern sehen das Geschriebene wie ein Bild vor dem inneren Auge.

Studien haben zudem gezeigt, dass das handschriftliche Mitschreiben die Gedächtnisleistung verbessern kann. Wenn wir Informationen mit der Hand aufschreiben, aktivieren wir verschiedene Bereiche unseres Gehirns, die dazu beitragen, das Gelernte besser zu speichern und abzurufen. Dieser Effekt kann sich besonders beim Lernen komplexer Konzepte und Zusammenhänge bemerkbar machen.

Die Rolle der Struktur: Mitschreiben nach der Cornell-Methode

Die Strukturierung von Notizen kann einen großen Unterschied machen, wenn es darum geht, Informationen effektiv zu verarbeiten und zu behalten. Die Cornell-Methode ist eine bewährte Technik, die dabei hilft, Notizen zu organisieren und wichtige Aspekte hervorzuheben. Durch die klare Strukturierung von Informationen wird das Lernen erleichtert und die Vorbereitung auf Prüfungen effektiver gestaltet.

Die Cornell-Methode in der Praxis

Die Cornell-Methode ist eine bewährte Methode, um Notizen strukturiert und effektiv während des Unterrichts oder beim Selbststudium anzufertigen. Sie wurde in den 1940er Jahren von Walter Pauk an der Cornell University entwickelt und ist seitdem zu einer beliebten Technik für Studierende geworden. Die Methode basiert auf dem Prinzip der strukturierten Organisation von Informationen, um das Lernen zu erleichtern und das Verständnis zu vertiefen.

Die Cornell-Methode besteht aus mehreren Schritten und Komponenten:

Vorbereitung: Bevor der Unterricht beginnt oder mit dem Studium eines Textes begonnen wird, wird ein Blatt Papier in drei Abschnitte unterteilt: eine breite Spalte auf der rechten Seite für die Hauptnotizen, eine schmale Spalte auf der linken Seite für Schlüsselwörter oder Fragen und einen Abschnitt am unteren Rand für die Zusammenfassung.

Mitschreiben: Während des Unterrichts oder beim Lernen von Unterrichtsstoff werden Notizen in die breite Spalte auf der rechten Seite geschrieben. Dabei werden wichtige Informationen, Konzepte, Definitionen und Beispiele festgehalten. Es ist wichtig, die Notizen in eigenen Worten zu formulieren und auf eine klare und verständliche Art und Weise zu schreiben. Das erleichtert später das Nachbearbeiten und hilft gleichzeitig dabei, die aufgenommenen Informationen kognitiv zu verarbeiten.

Schlüsselwörter/Fragen: In der schmalen Spalte auf der linken Seite werden Schlüsselwörter, Fragen oder Gedanken notiert, die sich aus den Hauptnotizen ergeben. Diese Spalte dient dazu, Verbindungen zwischen verschiedenen Aspekten herzustellen, Fragen für die Vertiefung des Verständnisses zu formulieren oder wichtige Informationen hervorzuheben.

Zusammenfassung: Am Ende des Mitschreibens wird ein Abschnitt für die Zusammenfassung am unteren Rand der Seite verwendet. Hier werden die wichtigsten Punkte und Erkenntnisse des Abschnitts oder der Lektion noch einmal kurz und prägnant festgehalten. Diese Zusammenfassung dient als Referenz für spätere Überprüfungen und als Möglichkeit, das Gelernte zu rekapitulieren.

Die Vorteile der Cornell-Methode auf einen Blick

Diese bewährte Methode zum Mitschreiben unterstützt Schüler und Studenten dabei, Informationen effektiv zu organisieren, zu verarbeiten und zu behalten. Die strukturierten Notizen, die durch die Cornell-Methode entstehen, erleichtern es, das Material zu überprüfen und sich gezielt auf Klausuren, Tests und Prüfungen vorzubereiten. Die Zusammenfassungsspalte bietet eine kompakte Übersicht über die wichtigsten Informationen, während die Fragen-/Schlüsselwortspalte als Hinweis auf potenzielle Prüfungsfragen dient.

Herausforderungen beim handschriftlichen Mitschreiben und Lösungen

Natürlich gibt es auch Herausforderungen beim handschriftlichen Mitschreiben, insbesondere in einer zunehmend digitalen Welt. Viele Schüler und Studenten sind es gar nicht mehr gewohnt, mit der Hand zu schreiben und brauchen anfangs viel Zeit dafür. Selbst Erwachsenen geht es oft so, denn viele Dinge werden heutzutage am Laptop online erledigt, nur noch wenige Dinge wie offizielle Anträge etc. erfordern das handschriftliche Ausfüllen. Lange Texte mit der Hand zu schreiben, ist daher für viele Menschen eine echte Herausforderung. Dabei stellen Geschwindigkeit und Lesbarkeit die Hauptproblematiken dar.

Durch regelmäßiges Üben und die Verwendung von Abkürzungen können diese Herausforderungen jedoch überwunden werden. Darüber hinaus kann die Nutzung von digitalen Tools zur Nachbearbeitung und Organisation von Notizen helfen, die Effizienz und Effektivität des Lernprozesses zu steigern.

Regelmäßiges Üben: Wie bei jeder Fertigkeit verbessert sich auch die Geschwindigkeit des handschriftlichen Schreibens mit Übung. Nach und nach wird sich das Tempo erhöhen und die Lesbarkeit und Strukturierung immer besser werden.

Wichtig: Das Üben ist besonders wichtig, da viele Klausuren und Prüfungen immer noch per Hand geschrieben werden. Es ist also gut, diese Fertigkeit regelmäßig zu trainieren, damit man in der Prüfungssituation nicht noch zusätzlich mit seiner eigenen Handschrift zu kämpfen hat.

Verwenden von Abkürzungen und Symbolen: Abkürzungen und Symbole können dabei helfen, schneller zu schreiben, ohne wichtige Informationen zu verlieren. Dies kann helfen, den Schreibprozess zu beschleunigen, ohne die Qualität der Notizen zu beeinträchtigen.

Priorisieren der wichtigsten Informationen: Konzentriert man sich beim Mitschreiben auf die wesentlichen Kernpunkte und siebt das Unwichtige aus, hilft dies dabei, den Schreibprozess effizienter zu gestalten und sicherzustellen, dass die Notizen präzise und aussagekräftig sind. Zugleich wird der Lernstoff kategorisiert und das wiederum hilft dabei, den Lernstoff zu begreifen und sich auf das Wesentliche zu konzentrieren.

Fazit

Handschriftliches Mitschreiben geht weit über das einfache Festhalten von Informationen hinaus. Es ist ein aktiver Prozess, der das Gehirn dazu zwingt, den Inhalt zu strukturieren, zu verarbeiten, zu interpretieren und zu organisieren. Im Gegensatz zur reinen Texteingabe auf einem Laptop oder Tablet erfordert das Schreiben von Hand eine größere kognitive Beteiligung, was zu einer tieferen Verarbeitung und einem besseren Verständnis führt.

In einer Welt, die von Technologie geprägt ist, bleibt das handschriftliche Mitschreiben also weiterhin ein unschätzbarer Bestandteil des Lernens. Durch die aktive Verarbeitung von Informationen und die persönliche Beteiligung am Schreibprozess fördert es nachweislich eine bessere Gedächtnisleistung. Mit der richtigen Strukturierung von Notizen wie der Cornell-Methode können Schüler und Studierende das Beste aus ihrem Lernprozess herausholen und sich erfolgreich auf Prüfungen vorbereiten.

Noch ein wichtiger Hinweis ganz zum Schluss: Falls es anfangs nicht so richtig klappt, gleichzeitig z. B. dem Lehrer oder dem Dozenten zuzuhören UND mitzuschreiben, sollte man sich vorrangig auf eine Sache konzentrieren (am besten aufs Zuhören) und erst im Anschluss die wichtigsten Dinge notieren.

Hingegen der allgemeinen Meinung ist Multitasking nämlich nicht möglich. Unser Gehirn kann immer nur eine Sache erledigen. Aber: Wenn wir in etwas Routine haben und geübt sind, kann unser Gehirn so schnell hin- und herspringen, dass es so scheint, als könnten wir Dinge gleichzeitig tun. Denken Sie ans Fahrradfahren und gleichzeitig eine Unterhaltung führen. Zum Thema Multitasking habe ich im Blogartikel zum Thema Konzentration auch schon einmal etwas gesagt.

Übung macht hier, wie überall, den Meister und mit der Zeit wird es immer leichter fallen, zuzuhören und Notizen zu machen.