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Wissen Sie es? Sind Sie der monochrone oder polychrone Typ?

Aber was bedeutet monochron bzw. polychron überhaupt?

Grundsätzlich geht es bei diesen beiden Begriffen darum, wie wir Zeit empfinden bzw. erleben. Und wie wir unsere Zeit organisieren – Stichwort Zeitmanagement. Dabei unterscheidet man zwischen monochron, einem messbaren und linearen Zeitempfinden und polychron, in der nicht die Zeit, sondern der Mensch im Mittelpunkt des Erlebens steht.

Der monochrone Typ versucht, seine Zeit möglichst effizient zu nutzen. Es werden Ziele gesteckt, die erreicht werden wollen. Dieser Typus ist vor allem in der westlichen, mittel- und nordeuropäischen, also unseren Welt, zu finden. Motto: Time is money, Zeit ist Geld. Der Gegentyp ist eher in Südeuropa zu Hause, also in arabischen, romanischen, hispanischen sowie auch in russischen Kulturen. Hier geht es um das Pflegen von Beziehungen, um Netzwerke und menschliche Bindung. Dies steht über dem strengen Folgen von Abläufen und Machen/Einhalten von Plänen und Absprachen.

Wie macht sich der Unterschied zwischen monochron und polychron im Alltag bemerkbar?

Der monochrone Typ empfindet Zeit wie eine Linie, auf der Aufgaben Schritt für Schritt abgearbeitet werden. Ohne to do-Liste, Kalender und Terminplan geht nichts und Pünktlichkeit in Bezug auf Verabredungen und Termine wird in der Regel sehr ernst genommen. „Pünktlichkeit ist eine Tugend“ – wer hat das nicht schon einmal gehört?

Es werden exakte Pläne erstellt, um ein Ziel zu erreichen und eine einmal festgelegte Abmachung ist in Stein gemeißelt. Sobald wir auf der Arbeit ankommen, fangen wir an, zu arbeiten und wir möchten uns nicht gerne dabei erwischen lassen, wenn wir während der Arbeitszeit mit Kollegen ein Schwätzchen halten. Schnelle Entscheidungen sind gefragt, „Trödeln“ ist verpönt.

Im Gegensatz zum polychronen Typen stehen das Menschliche oder Beziehungen pflegen nicht immer im Mittelpunkt und auch oberflächliche Bindungen sind für den monochronen Typen vollkommen in Ordnung.

Bevor ich zum polychronen Typen komme, eine kurze Anmerkung: Natürlich gibt es nicht nur schwarz und weiß und natürlich sind Menschen auch in monochronen Kulturen wichtig. Es geht hier darum, den Unterschied zu verdeutlichen, daher formuliere ich diese erste Beschreibung vielleicht etwas übertrieben.

Was zeichnet den polychronen Zeittypen im täglichen Leben aus? Er liebt Small Talk ebenso wie tiefe Gespräche. Das menschliche Miteinander ist das Wichtigste im Leben, denn durch Beziehungen lassen sich Probleme lösen und Netzwerke festigen. Gleichzeitig werden Deadlines, feste Terminabsprachen und Pünktlichkeit eher zweitrangig bewertet. Wenn einem ein wichtiges Gespräch dazwischenkommt oder ein lieber Nachbar für ein paar Worte anhält, dann wird das Geschäft eben ein paar Minuten später geöffnet – für monochrone Kulturen undenkbar.

Auch hier sei wieder erwähnt, dass es große Unterschiede gibt von Mensch zu Mensch in allen Kulturen und dass die Geschäftswelt überall eher monochron „tickt“, während es im Privaten sehr unterschiedlich gehandhabt wird.

Das gilt übrigens auch für unsere Gesellschaft. In der Familie, gerade mit vielen Kindern, kann man nicht immer monochron denken und handeln, da ständig etwas dazwischenkommen kann und das Miteinander einen großen Anteil am Funktionieren der Familie hat. Wenn es ums Business geht, ist das lineare Zeitmodell vorherrschend.

In der falschen Kultur geboren?

monochron polychron blog zitat lerncoachingDas Gefühl haben nicht wenige Menschen, denn wie gesagt gibt es überall den einen oder den anderen Typen. Auch wenn unsere deutsche bzw. westliche Kultur eher monochron geprägt ist, spielen viele andere Aspekte eine ebenfalls große Rolle, die Einfluss auf unsere Persönlichkeit haben. Dazu gehört die Prägung ebenso wie angeborene Eigenschaften.

Es ist kein Wunder, dass sich Menschen, die überwiegend polychron veranlagt sind, in unserer Gesellschaft manchmal fehl am Platz fühlen. Es handelt sich nicht selten um sehr kreative Köpfe oder Menschen, die eher aus dem Bauch heraus entscheiden, sich von Emotionen lenken lassen und auf andere meist etwas chaotisch wirken. Freigeister. Wer kein geborener „Macher“ ist, der Aufgaben strikt abarbeitet, für alles einen Plan hat (oder sogar mehrere) oder ganz exakt nach Vorgabe arbeitet, kann schon einmal anecken.

Umgekehrt fühlt sich ein klar strukturierter Mensch, der feste Regeln und Listen braucht, dem Pünktlichkeit das Allerwichtigste ist, in einer polychronen Welt wie auf einem anderen Planeten. Überall wird scheinbar nur improvisiert und auf nichts ist Verlass. Das kann unsicher machen und zu einem Gefühl führen, einfach anders als alle anderen zu sein.

Und was hat das alles mit dem Thema Lernen zu tun?

Die zwei Ausprägungen haben natürlich auch Auswirkungen auf die Art, wie wir lernen. Insbesondere beim Thema Zeitmanagement gibt es hier immense Unterschiede. Und Zeitmanagement ist ein wichtiger Faktor, wenn es um effizientes, erfolgreiches Lernen geht. Warum? Weil die Art, wie wir uns zeitlich organisieren, Einfluss hat auf die Zeit, die wir zum Lernen benötigen und wie gut wir Informationen aufnehmen und abspeichern. Sie ist Teil des Themenfeldes Lernorganisation, auf das ich in einem meiner nächsten Blogartikel ausführlicher eingehen werde. Ein erster Tipp ist die Nutzung der Eisenhower-Matrix.

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Wie also unterscheiden sich die Typen genau? Hier eine kleine Übersicht, die vielleicht auch als erste Checkliste zur Selbsteinordnung dienen kann:

Der monochrone Typ

  • macht sich vor dem Lernen einen genauen Plan, was er zuerst macht und was danach,
  • arbeitet eine Liste ab,
  • weiß in der Regel im Voraus, wie lange welche Aufgabe dauern wird,
  • hält sich streng an Vorgaben,
  • geht analytisch vor,
  • ist grundsätzlich pünktlich fertig,
  • ist selten unvorbereitet,
  • liebt klare Strukturen und hakt gerne nach und nach alle to do’s ab,
  • sieht Zeit als etwas, das man in Abschnitte unterteilen kann,
  • kann sich sehr gut auf die in dem Moment anliegende Aufgabe konzentrieren.

 

Der polychrone Typ

  • kommt mitunter schusselig rüber,
  • gilt als Freigeist,
  • ist häufig ein kreativer „Chaot“,
  • nimmt Zeit eher nebensächlich wahr,
  • lässt sich gern treiben,
  • entscheidet aus dem Bauch heraus,
  • macht ungerne vorab Pläne,
  • besitzt eine große Flexibilität,
  • lässt sich schneller ablenken,
  • findet Beziehungen, Gespräche und Familie wichtiger als (langweilige) Aufgaben,
  • löst Probleme durch Austausch und kreatives Denken,
  • ändert seine Pläne oft, falls er überhaupt welche gemacht hat.

 

Nun muss man nicht lange überlegen, welcher der beiden Typen in einem Land wie Deutschland, Österreich oder der Schweiz in der Schule besser zurechtkommt und welcher Typ häufig unter seinen Möglichkeiten bleibt, wenn sein Potential nicht erkannt und gefördert wird.

Aber ganz wichtig: Beide Typen bringen tolle Stärken und Ressourcen mit, die beide zu Erfolg und Erfüllung führen können – privat, in der Schule und beruflich. Und jede Gesellschaft braucht die Stärken beider Ausprägungen.

Wie Schüler und Eltern, Lehrerinnen und Lehrer, Auszubildende und Ausbilder und wie Unternehmen diese Stärken erkennen können und welche Unterstützung welcher Typ benötigt, um erfolgreich zu lernen und sich weiterzuentwickeln, darauf gehe ich in einem meiner nächsten Blogbeiträge ein.

Falls Sie vorab Fragen dazu oder allgemeine Fragen zum Thema Lernen haben, sprechen Sie mich gerne an. Ich freue mich!